„Aufstieg 2013 war der schönste Moment“

Johannes Bergmann und Georg Babioch (r.)

Heute vor 60 Jahren, am 23. Juli 1963, sind Georg Babioch und Johannes Bergmann zeitgleich der DJK Vierlinden beigetreten. Über die Jahrzehnte hinweg haben sie den Verein sowohl aktiv als Sportler als auch auf Vorstandsebene unterstützt und halten Schwarz-Gelb seither die Treue. Im Doppelinterview haben wir mit beiden über das Vereinsleben und dessen Wandel, sportliche Täler, glorreiche Meisterschaften sowie Auswärtsfahrten mit dem Rad im tiefsten Winter gesprochen.

Hallo und herzlichen Glückwunsch zu Eurem Jubiläum! Nur sehr wenige Mitglieder können eine ähnlich lange Bindung zu unserem Klub aufweisen. Was bedeutet für Euch Vereinstreue?

Georg Babioch „Treue bedeutet Verbundenheit über einen langen Zeitraum. Das heißt aber auch, dass man nicht sofort die Segel streicht, wenn Gegenwind aufkommt. Insofern geht Vereinstreue weit über Vereinsmitgliedschaft hinaus.“

Johannes Bergmann „Für mich gehört neben einer langjährigen Mitgliedschaft auch die Tatsache, sich jederzeit für die Belange des Vereins einzusetzen, Kontakt zum Verein zu halten, indem ich die Veranstaltungen des Vereins besuche – Sportveranstaltungen und Versammlungen – und den Verein nach außen positiv vertrete. Das zeichnet für mich Vereinstreue aus.“

Wie sind Eure Erinnerungen an die Anfänge bei der DJK Vierlinden?

Babioch „Anfang der 60er Jahre war der Verein mit rund 200 bis 300 Mitgliedern deutlich kleiner aufgestellt. Das neu gebaute Vereinsheim und der Rasenplatz an der Emanuelstraße waren nur einige Jahre vorher eingeweiht worden. Die Außenwahrnehmung des Vereins wurde bestimmt durch die Fußball- und Leichtathletikabteilung. Die Platzanlage wurde von Fußballern und Leichtathleten parallel genutzt. Mit der Gründung der Frauen- und Breitensportabteilung ging eine rasante Entwicklung der Mitgliederzahlen einher. Der Verein gewann dadurch in der öffentlichen Wahrnehmung.“

In den 60er Jahren wurden die Mitgliedsbeiträge noch an der Haustür kassiert.

Und wie sah es sportlich aus?

Bergmann „Der Anfang war verdammt nicht einfach. Aus meiner Erinnerung habe ich in meinem 1. Spiel mit der DJK Vierlinden 0:12 gegen den STV Hünxe verloren. Allerdings war Hünxe damals noch ein richtiges Dorf und konnte nur eine zusammengewürfelte Schülermannschaft mit Spielern von der D- bis B-Jugend stellen, die uns natürlich allein körperlich total überlegen waren. Unser erster Trainer war ein Spieler der 1. Mannschaft, die damals in der 2. Kreisklasse spielte, der heutigen Kreisliga B. Zu Auswärtsspielen sind wir grundsätzlich mit dem Fahrrad gefahren, unter anderem zum TV Voerde. In einem harten Winter mit viel Schnee hatten wir echt Schwierigkeiten, den Sportplatz von Jahn Hiesfeld mit dem Fahrrad zu erreichen. Dort angekommen hatte unser Jugendleiter Josef Dziwisch, der das Spiel als Schiedsrichter leitete, wohl soviel Mitleid mit mir, dass er mir seine Handschuhe für das Spiel zur Verfügung stellte.“

Musstet Ihr Eure Eltern überzeugen, euch anzumelden?

Bergmann „Wir kickten damals schon jahrelang auf der Wiese vor dem Sportplatz, wo heute die Garagen stehen, oder auf der hinter dem DJK-Grill. Die jüngste Schülermannschaft war die D-Junioren, das heißt die Altersklasse ab zehn Jahren. Obwohl ich gerade erst neun geworden war, konnte ich meine Eltern davon überzeugen, mich bei der DJK anzumelden, da einige Jungs aus der Straßenmannschaft dort schon Mitglied waren. Der Monatsbeitrag betrug 30 Pfennig und wurde vom Jugendleiter monatlich an der Haustür kassiert. Im Sportheim verkaufte der Platzwart Hermann Meters aus einem kleinen Kühlschrank kalte Getränke, die Sinalco für 30 Pfennig. Wenn kein Fußballtraining war, gingen wir zum Training der Leichtathleten. Leichtathletik habe ich dann bis zum zwölften Lebensjahr bei der DJK Vierlinden betrieben. Danach musste ich mich entscheiden und bin beim Fußball geblieben.“

Babioch „Bei mir war das etwas anders. Meine Eltern hatten die Befürchtung, dass ich mich beim Fußball spielen im Verein verletzen könnte. Deshalb war es ein harter Kampf über mehrere Wochen, bis ich letztendlich die Erlaubnis erhielt, mich bei der DJK Vierlinden anzumelden.“

Was hat die DJK Vierlinden damals ausgezeichnet?

Bergmann „Meine erste Vereinsfahrt ging zum Diözesansportfest in Bocholt 1966. Ich konnte im Weitsprung der Schüler B den 2. Platz erringen. Die damals sehr rege Leichtathletikabteilung veranstaltete neben diversen Vereinssportfesten, Abendsportfeste, Werfertage und mehr auf dem Sportplatz an der Emanuelstraße. Bertram Schwiertz, heute Vorsitzender des Beirats, wurde 1966 und 1967 im Dreisprung zweifacher Vizemeister im Bereich des Deutschen Leichtathletikverbands. Dies alles hat mich sehr beeindruckt. Ich habe im Laufe der Jahre an unzähligen DJK-Diözesanmeisterschaften und DJK- Bundessportfesten – aktiv und passiv – teilgenommen. Diese Veranstaltungen bietet nur der DJK-Verband für seine Mitgliedsvereine an. Es war immer wieder ein besonderes Erlebnis, an Sportfesten mit mehreren Tausend DJKlern teilzunehmen, unter denen sich ein Wir-Gefühl entwickelte.“

Was hat sich im Laufe der Jahrzehnte am meisten gewandelt?

Babioch „Der für mich wesentliche Wandel zeigt sich im Verhältnis zur Kirchengemeinde St. Elisabeth. Nicht nur, dass unser Vereinsgründer Josef Helmus, der damalige Pastor von St. Elisabeth war, es wird auch dadurch deutlich, dass der jeweilige Pastor automatisch Mitglied im Vorstand der DJK Vierlinden war. Vereinsfeste wurden selbstverständlich im Josefsaal der Kirche, der heute nicht mehr existiert, veranstaltet und die Kirchengemeinde nutzte ganz selbstverständlich den Platz, zum Beispiel für die Fronleichnamsliturgie. Noch Mitte der 60er Jahre waren evangelische Mitglieder im Verein eine Seltenheit.“

Bergmann „Damals kamen die meisten Mitglieder noch aus dem Vierlindener und Overbrucher Ortsteil. Jeder kannte jeden. Meinen Freund und Mitjubilar Georg kenne ich zum Beispiel bereits seit der gemeinsamen Kindergartenzeit. Die Ortsnähe zum Sportverein war sicherlich ein entscheidender Aspekt für den Eintritt in die DJK Vierlinden. Heute kommen die Spieler schon lange nicht mehr nur aus dem Ortsteil und wechseln viel häufiger ihre Klubs. Für uns war es zudem früher selbstverständlich, nach dem Spiel noch zusammen zu bleiben. Das alles gibt es leider nicht mehr und betrifft alle Vereine. Auch die Leichtathletikabteilung existiert schon lange nicht mehr. Zudem kann es kein Jugendtrainer mehr wagen, mit den Kindern auf dem Fahrrad zum Auswärtsspiel nach Voerde zu radeln. Letztlich gibt es für Jugendliche sehr viele Möglichkeiten, ihre Freizeit ohne Sport zu gestalten.“

In Walsum und Umgebung gab und gibt es nach wie vor mehrere Klubs. Wie wurden die Rivalitäten ausgelebt?

Bergmann „Hauptrivale war sicherlich unser Nachbarverein, die Sportfreunde Walsum 09. In meinen Anfangsjahren spielte die 1. Mannschaft von 09 noch in der höchsten deutschen Amateurklasse, der Verbandsliga. Auch die Jugendmannschaften spielten zum Teil in der sogenannten Bestengruppe und der Niederrheinliga. Die DJK Vierlinden „dümpelte“ mit der 1. Mannschaft in der 2. Kreisklasse herum, die Jugendmannschaften kamen oftmals über die Normalgruppe nicht hinaus. Dies habe ich natürlich auch in der Schule von Mitschülern in meiner Klasse manchmal zu hören bekommen. Als ich Geschäftsführer der DJK Vierlinden war, hatte unsere 1. Mannschaft mal mit einem Sieg gegen die 2. Mannschaft der SF Walsum 09 in der Kreisliga A für deren Abstieg gesorgt. Vereinslokal der DJK war damals die „Feuchte Ecke“ an der Oswaldstraße/Ecke Rudolfstraße. Im Laufe des Abends kam eine „Delegation“ von Spielern der Sportfreunde aus deren damaligen Vereinslokal „Gaststätte Vogt“ zur Feuchten Ecke und drohte mir Schläge an, weil die DJK mit dem Sieg den Abstieg der 09er besiegelt hatte. Es blieb allerdings bei der verbalen Bedrohung. Im Laufe der Jahre wurde der Klassenunterschied dann immer weniger. 09 ist schon seit langer Zeit in der Kreisliga angekommen und die DJK hat zumindest im letzten Jahrzehnt zwei Klassen über Walsum 09 gestanden. Jetzt sind beide Vereine, wie auch Eintracht Walsum und Viktoria Wehofen, in der kommenden Saison wieder in der Kreisliga A vertreten und wir freuen uns auf spannende Lokalderbys.“

Babioch „Die Rivalität zu den Sportfreunden in sportlicher Hinsicht kam aufgrund des Klassenunterschieds bei den Senioren im Wesentlichen bei den Jugendmannschaften zum Ausdruck. Entsprechend hart umkämpft waren die Spiele gegeneinander. Zu den anderen Walsumer Vereinen gab und gibt es eine ganz normale sportliche Rivalität, die sich damals auch in heißumkämpften Derbys zeigte.“

Nach der aktiven Karriere habt ihr viele Jahre ehrenamtliche Vorstandsarbeit geleistet. Warum ist es Eurer Ansicht nach so schwer, Menschen dafür zu begeistern?

Babioch „Nicht nur im Sport, sondern auch in anderen Bereichen der Gesellschaft ist zu beobachten, dass die Bereitschaft zur Übernahme langfristiger Verantwortung und ehrenamtlicher Tätigkeit abnimmt, wohingegen es durchaus die Bereitschaft zur Mitarbeit an zeitlich überschaubaren Projekten gibt. Dies ist nicht gerade förderlich, wenn es um Übernahme eines Amtes im Vorstand eines Sportvereins geht. Im Übrigen denke ich, dass die Bindung zum jeweiligen Verein in früheren Jahren deutlich intensiver war und somit die Bereitschaft zum Vereinswechsel geringer. Dadurch entstand eine größere emotionale Verbindung, die es dem ein oder anderen leichter machte, ein Amt zu übernehmen.“

Bergmann „Ein Ehrenamt in einem Sportverein ist grundsätzlich mit Arbeit, Anstrengung, nervigen Diskussionen, Kritik an der eigenen Arbeit und vielem mehr verbunden. Eine ehrenamtliche Tätigkeit bringt dir kein Geld, sondern kostet dir eher etwas. Wenn ich ein Ehrenamt ausübe, kann ich das nicht gegen meinen Willen übernehmen. Ich muss es freiwillig ausüben, die Arbeit muss mich interessieren, sie muss mir, zumindest manchmal, Freude bereiten und ich muss mit einem guten Gefühl, etwas für die Allgemeinheit getan zu haben, leben. Wenn eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt ist, kann ich das Ehrenamt nicht ausüben. Offenbar erfüllen zu wenige Menschen diese Voraussetzungen, so dass es immer schwerer wird, geeignete Kandidaten für die ehrenamtliche Tätigkeit zu finden.“

Was war Euer schönster Moment im Vereinsleben?

Bergmann „2008 rief mich der damalige Oberbürgermeister der Stadt Duisburg, Adolf Sauerland, an und fragte mich, ob die DJK Vierlinden einen Kunstrasen haben möchte. Das Ergebnis ist bekannt. Sportlich gesehen waren sicherlich der Aufstieg der 1. Mannschaft in die Bezirksliga 2013 sowie die Saison 2016/17 mit dem „Anklopfen“ der 1. Mannschaft an die Landesliga die schönsten Momente im Vereinsleben. Es bleibt unvergessen, wie wir als Höhepunkt mit dem „Fanbus“ nach Fichte Lintfort fuhren, wo der Traum dann endete.“

Babioch „Als persönlich schönsten Moment möchte ich den Aufstieg mit der 1. Mannschaft 1976 in die 1. Kreisklasse nennen. Als schönsten Moment im Vereinsleben kann selbstverständlich der Aufstieg der 1. Mannschaft 2013 in die Bezirksliga nicht getoppt werden.“

Eine Szene aus dem Aufstiegsspiel 2013 gegen den VfB Lohberg.

Und der traurigste?

Bergmann „Der liegt noch gar nicht so lange zurück. Der Abstieg der 1. Mannschaft, der Rückzug der 3. Mannschaft, der Abstieg der 2. Mannschaft und der Rückzug der A-Junioren aus der Leistungsklasse innerhalb von zwei Jahren stellt meiner Meinung nach einen sportlichen Niedergang dar, den ich in 60 Jahren Vereinsmitgliedschaft in dieser Form noch nicht erlebt habe.“

Was wünscht Ihr dem Verein für die Zukunft?

Babioch „Dass er immer für die Werte und Ziele, wie sie in unserer Satzung verankert sind, eintritt und Vorstand und Mitglieder gemeinsam dafür eintreten, diese durch- und umzusetzen. Der Charakter des Vereins wird sich nur dann erhalten lassen, wenn die in der Satzung formulierten „Ziele und Aufgaben“ und die in der Präambel genannten Handlungsmaximen die Grundlage jeglicher Vereinsarbeit bleiben.“

Bergmann „Ich wünsche der DJK Vierlinden für die Zukunft immer eine ausreichende Anzahl von Mitgliedern, die sich zum Wohle des Vereins einbringen – egal in welcher Funktion.“

Alle DJK-Mitglieder, die mindestens 60 Jahre im Verein sind: Johannes Basse, Hubert Büchter, Johannes Bergmann, Georg Babioch, Kurt Schmidt, Adolf Rosenberger, Bertram Schwiertz, Egon Neumann, Horst Gaal, Karl-Heinz Strompen.

Der Fanbus zum Spiel bei Fichte Lintfort.